Browsed by
Kategorie: Volksentscheid Fahrrad

Rad frei: Berlin bekommt ein Radgesetz

Rad frei: Berlin bekommt ein Radgesetz

Kennt ihr das Gefühl, wenn euch noch der Eiswind um die Nase bläst, aber die Schneeglöckchen ihre Köpfe in die Sonne strecken und sich zart im Winde wiegen. In mir ist dann die Vorfreude auf einen herrlichen Frühling und auf einen Sommer ohne Makel, nicht zu trocken und ohne Dauerregen.
Der perfekte Sommer, noch nicht getrübt von der Realität, den wünsche ich mir jedes Jahr. Doch sehr selten ist der Sommer perfekt.
So ähnlich geht es mir jetzt mit der Verkündung, dass Berlin ein Radgesetz bekommt. Einmalig in der Welt und ganz sicher ein Verdienst der Initiativer Volksentscheid Fahrrad, dass es zustande kommen soll. Wie geil ist das denn?

Es hört sich wunderbar an:

  • Alle Hauptstraßen sollen mindestens zwei Meter breite Radstreifen bekommen.
  • Radfahrer sollen grüne Wellen bekommen.
  • Berlin soll ein Netz von 100 km Radschnellwegen bekommen.
  • Kreuzungen sollen durch Umbauten sicherer gemacht werden. Dafür sollen 24 neue Stellen geschaffen werden.
  • Es sind 100 000 neue Abstellplätze für Fahrräder, sowie Parkhäuser für Fahrräder geplant.
  • Der Radverkehranteil soll auf 30% innerhalb und auf 20 innerhalb der gesamten Stadt gesteigert werden.
  • Ab 2019 sollen dafür jährlich 51 Millionen € zur Verfügung stehen.
  • Der Umbau soll innerhalb der nächsten 13 Jahre erfolgen.

Das Presseecho ist recht unterschiedlich. Während der Tagesspiegel fragt: „Warum erst jetzt?“ und zu Recht erwartet, dass auch für die Sicherheit von Fußgängern mehr getan werden muss, findet Kommentator Stefan Peter von der BZ: „Autofahrer haben nichts zu lachen.“ Anscheinend hatten sie vorher Grund zum Lachen. Außerdem sorgt sich die BZ um die Zahl der Parkplätze, die wegfallen werden.

„Berlin wird zur Fahrrad-Stadt“ titelt die Berliner Morgenpost kompakt, und lässt einige Radler zu Wort kommen, die von den Senatsplänen angetan sind, wie auch die Opposition, die erwartungsgemäß die Pläne als „einseitig und falsch“ bezeichnet.

Das Radgesetz stößt nicht nur auf Gegenliebe

Ein Radgesetz wird nicht überall auf Gegenliebe stoßen, soviel ist klar. Eiserne Autofahrer fürchten um ihre Privilegien und meinen, nun wurde der Radverkehr bevorzugt. Sie wollen nicht, dass Parkplätze für Radstreifen weichen müssen. Das erinnert mich an die Diskussion vergangener Jahrzehnte, dass Frauen den Männern die Arbeitsplätze wegnehmen würden.

Gibt es ein Recht auf einen Parkplatz?

Eine Neuverteilung des öffentlichen Raums ist für Hardcore-Autofahrer eine Bevorzugung der Radler, auch wenn in Zukunft der größte Teil der Strassen von Autos befahren werden wird.
Bis zu einer Stadt, wie ich sie in Was wollen die Autofahrer denn noch alles? beschrieben haben, wird es kaum kommen. Darum geht es auch nicht, sondern um eine Stadt, in der sich alle gefahrlos bewegen können. Und das ist nicht nur das Ziel von Radlern und Fußgängern, sondern auch von einigen Autofahrern, die auch erleichtert sind, wenn der Verkehr übersichtlicher und sicherer wird.

Noch ist das Radgesetz nicht verabschiedet, es sind lediglich die Eckpunkte des geplanten Gesetzes vorgestellt worden. Und noch ist keine einzige geplante Maßnahme durchgeführt worden. Im Jahre 2004 wurde schon einmal vollmundig eine Radverkehrstrategie festgelegt, doch es ist wenig daraus geworden. Deswegen ist es wichtig und notwendig, weiterhin zu beobachten, wie intensiv der Senat die Pläne zur Verbesserung der Sicherheit von Radfahrern verfolgt.
Noch ist es nicht soweit, dass ich allein auf vorgestellte Pläne vertraue.

Aber ich hoffe darauf. So wie auf den perfekten Sommer.

Berlin plant Mobilitätsgesetz

Berlin plant Mobilitätsgesetz

Koalitionsverhandlungen über Verkehrswege der Zukunft

 

Anscheinend wird es im Falle einer rot-rot_grünen-Koalition ein sogenanntes Mobilitätsgesetz eingeführt. Dabei soll es zu einer Förderung des Radverkehrs durch Ausbau und Neuschaffung von Radverkehrsanlagen kommen. Doch nicht nur der Radverkehr soll gefördert werden, auch im öffentlichen Nahverkehr sind Erweiterungen wie der z.B. Ausbau der Straßenbahn bis zum Hermannplatz vorgesehen. Tempo 30 Zonen sollen künftig leichter eingerichtet werden können, auch an Hauptstraßen. Ab 2017 würde voraussichtlich 10 Millionen € in den Ausbau des Radwegenetzes fließen, ab 2018 40 Millionen € und ab 2019 sogar 51 Millionen €.

Für Heinrich Stoßenröther, Initiator des Volksentscheid Fahrrads, ist es nicht entscheidend, wie das Gesetz zur Förderung des Radverkehrs sich nun nennt, entscheidend sind allein die Inhalte. „Ein neues Gesetz kann ein Riesenschritt nach vorn sein, wenn der Senat darin etwas für Radfahrer, Fußgänger und Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel tut“, sagt er laut einem Bericht des Tagesspiegels. Wichtig ist dagegen, dass es nicht nur ein Plan, sondern ein verbindliches Gesetz ist, was den nicht motorisierte Individualverkehr und den öffentlichen Nahverkehr fördern soll. Am Freitag, wenn genau diese Themen bei den Koalitionsverhandlungen besprochen werden, plant die Initiative eine „freundliche Demonstration“ um 13.30 mit Fahrradkeksen vor dem Roten Rathaus.

Politiker der CDU und FDP wettern erwartungsgemäß gegen das geplante Mobilitätsgesetz. Sie befürchten anscheinend ein Autofahrer-Bashing, CSU Generalsekretär vermutet gar einen “Kulturkampf gegen Autofahrer“.

Das erinnert mich alles ein wenig an die Befürchtungen des Gaststättengewerbes vor Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes. Sie erwarteten Massenschließungen von Restaurants, in die nun keiner mehr kommen würde. Das ist ausgeblieben, stattdessen würde ein großer Teil der extra Raucherräume wieder abgeschafft, weil es selbst den Rauchern dort zu verraucht war. Viel Rauch um nichts.

Genauso sind viele Politiker und Autolobbyisten, die nun einen „Kulturkampf“ herbeireden, vor allem um ihre eigenen Interessen besorgt. Mag sein, dass es unverdrossene Autofahrer gibt, die nur ihre Interessen im Kopf haben. Es gibt aber auch unter den Autofahrern eine wachsende Gruppe, die froh ist, wenn der öffentliche Raum gerecht verteilt wird und der Rad- und Fußverkehr gute sichere Wege vorfindet.

Nun bleibt nur zu hoffen, dass die Koalitionsverhandlungen einen für den Radverkehr günstigen Abschluss finden und das Gesetz dann auch entsprechend umgesetzt wird.

In der Taz zu den Koalitionsverhandlungen: http://taz.de/Koalitionsverkehr-I/!5350912/

Wird Unter den Linden autofrei? fragt die Berliner Zeitung

Termine vom Volksentscheid während der Verhandlungen:

 

  • R2G anfüttern und einheizen
    Wann: 4. November 2016 @ 13:3023:59
    Ort: Rotes Rathaus, Map

    Das neue Abgeordnetenhaus hat bereits das erste Mal getagt, doch die drei künftigen Koalitionsparteien verhandeln noch entscheidende Fragen. Am Freitag, dem 4. November findet die Hauptverhandlung zum Thema Mobilität und Verkehr statt. Ramona Pop (Grüne) und Klaus Lederer (Linke) haben uns im Wahlkampf volle Unterstützung zugesagt. Die SPD Berlin hat bereits Ende Juni verkündet, in Zukunft mindestens 40 Millionen Euro jährlich in den Radverkehr zu investieren. Wir fordern die Einhaltung gemachter Versprechen und erwarten den zügigen Abschluss der Rechtsprüfung und das Inkraftsetzen des RadG bis März 2017.

    Damit das klappt, wollen wir #R2G anfüttern und später einheizen:

    R2G anfüttern: Mit selbstgebackenen rot-rot-grünen Plätzchen und einer großen, mit Fahrrädern dekorierten Torte geben wir den Verhandelnden positive Energie mit in die langen Verhandlungen. Seid dabei, wenn wir am Roten Rathaus die Verhandelnden begrüßen und sie mit Argumenten und einer Stärkung unt…

    Event displayed using Wallflux.com

  • #R2G einheizen
    Wann: 4. November 2016 @ 18:0023:00
    Ort: Rotes Rathaus, 10178 Berlin, Deutschland, Map

    R2G einheizen: Irgendwann lässt auch bei bester Verpflegung die Konzentration nach. Deshalb rücken wir ab 18 Uhr mit guter Laune wieder an und senden per Schallwelle frische Energie ins Rathaus: mit Live-Musik von 12Volt, sattem Bike-Bass-Sound und einem chilligen Get-Together heizen wir ein. Wir demonstrieren und fiebern mit, bis die ersten positiven Nachrichten aus dem Roten Rathaus dringen. Warum sollen Politiker alleine bis tief in die Nacht über eine zeitgemäße Verkehrspolitik verhandeln, wenn wir vor der Tür live dabei sein können?

     

 

 

 

Was wollen die Autofahrer noch alles?

Was wollen die Autofahrer noch alles?

Berlin wählt und ein großes Wahlkampfthema ist die aktuelle Fahrradpolitik. Die Initiative vom Volksentscheid Fahrrad hat neuen Wind in verstaubte Verkehrsplanbüros gebracht. Doch der Unmut der etablierten Parteien ist groß. Fahrradpolitik, das war bisher doch nur“Gedöns“. Muß man sich jetzt darum auch noch kümmern?

Was wäre, wenn…. ja, was wäre wenn die Geschichte des Individualverkehrs eine andere Entwicklung genommen hätte? Wenn nicht das Auto, sondern das Fahrrad das dominierende Verkehrsmittel in Deutschland geworden wäre?  Welche Argumente hätten die Autofahrer dann? Ein Gedankenspiel:

Ein Volksentscheid für Berlin

Berlin-Alexanderplatz, im Sommer 2016.

„Das ist ja eine Unverschämtheit!“ Tobias Metzler vom ADFC knallte eine druckfrische Zeitung auf den Konferenztisch des ADFC. Alle Augen der Vorstandmitglieder richteten sich auf ihn. Gerade stand die Etatplanung für das nächste Jahr auf dem Plan, was war so wichtig?

„Die Autofahrer wollen einen Volksentscheid, sie wollen mehr Platz für das Auto in der Stadt,“ schnaubte Metzler wütend. „So ein Quatsch, damit kommen die doch nie durch.“ entgegnete Sophie Markwardt lässig, erste Vorsitzende und Top-Lobbyistin in Sachen Fahrrad, „Darüber reden sie doch schon seit Jahren, aber wer will das schon? Nur ein paar verrückte Motorfreaks und Altnazis.“

Sie schaute gedankenvoll aus dem Fenster des 12-stöckigen Büroturms am Alexanderplatz, in das der ADFC vor 3 Jahren gezogen ist, weil das bisherige Gebäude zu klein geworden war. Unter ihr rollten Kolonnen von Radlern über die Strassen, ab und an sah man ein Auto eingekeilt langsam hinter den Fahrradfahrern her tuckeln. Berlin war Die Fahrradmetropole Der Welt, das würde sie sich von ein paar widersinnigen Autofahrern nicht kaputt machen lassen. Schon einmal wurde versucht, dem Fahrrad die Bedeutung zu nehmen, die ihm zustand. Während der Zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts war das Fahrrad ein Massenverkehrsmittel und die Autos führten noch ein Schattendasein. Doch dann wurde vom Naziregime 1934 die Radwegebenutzugspflicht eingeführt, um die Strassen für Autos frei zu machen. Radfahrer verbannte man von den Strassen und Autobahnen wurden gebaut, über die bald schon Panzer rollten. Wohin das führte, hatte man gesehen: Europa lag in Trümmern, unzählige Tote waren zu beklagen. Soweit durfte es nie wieder kommen.

Neue Wege für Deutschland – Fahrradwege

Zum Glück wurde nach dem Ende des 2. Weltkriegs beschlossen, alle Autostrassen und Autobahnen in Fahrradwege umzuwidmen. Die Menschen hatten nach dem Krieg sowieso keine Autos mehr und waren froh, die Wege für ihre Fahrräder zur Verfügung zu haben. Im Zuge der Entmilitarisierung wurden die Motorwerke und Rüstungsfabriken in Fahrradfabiken umgewandelt. Fahrräder von Mercedes und BMW genossen einen ausgezeichneten Ruf und wurden in die ganze Welt exportiert. Für den innerstädtischen Warentransport aktivierte und erweiterte die Stadt das alte Rohrpostnetz wieder. Ebenso wurde der öffentliche Nahverkehr ausgebaut und ebenfalls für den Transport von Waren und Schwerlasten genutzt. Die Alliierten förderten den Fahrradboom in Deutschland als einen friedlichen Weg nach der schrecklichen Vergangenheit des Landes. Während in den anderen Ländern der Welt Autos die Fahrräder allmählich verdrängten, baute Deutschland und insbesondere Berlin auf eine Verkehrspolitik, die sich am Menschen und nicht an den Maschinen orientierte.

Lange wurde dies von anderen Nationen belächelt. Doch im Zuge der zunehmenden Reisefreiheit sahen Menschen aus den USA, Großbritannien, Thailand und vielen anderen Ländern die Kinder in Deutschland gefahrlos auf den Strassen spielen, während sie in anderen Metropolen der Welt ängstlich von ihren Eltern festgehalten wurden. Das gesamte Strassennetz war extrem ökonomisch, da die Fahrräder die Strassen kaum abnutzten. Noch dazu hatte Deutschland den weltweit geringsten Anteil an übergewichtigen Menschen. Das alles waren Werte die sich sehen lassen konnten. Deutschland war das Vorzeigeland für eine nachhaltige Wirtschaftspolitik.

Berlin –  Ecocity of the world

Inzwischen reisten Umweltbeauftragte aus der ganzen Welt nach Deutschland, insbesondere nach Berlin, um Inspiration für ihre zugebauten atemlosen Städte zu bekommen. In Zeiten des Klimawandels wurde der „sanfte“ Weg wie in Deutschland auch für andere Länder wieder interessant. In Berlin fand alle zwei Jahre der Weltfahrradgipfel statt, in dem Strategien besprochen wurden, um die ökologischste Fortbewegungsart auch in anderen Ländern weiter zu verbreiten. Und nun das: Die Autofahrer begehrten auf. Welch ein Desaster!

„Ja, aber stellt euch nur vor, was sie in der Öffentlichkeit damit anrichten könnten,“ sagte Friedhelm Wenzel, ein ruhiger älterer Mann, „ es gibt mittlerweile Autotouristen, die ihren Urlaub nur im Auto verbringen. Sie schlafen sogar darin und reisen herum, sehen, was in anderen Städten für den Autoverkehr möglich ist. Das bringt sie auf die Idee, solche Strassen auch für Berlin zu fordern.“

„Hm,“ überlegte Sophie Markwardt, „okay, zeig mal her, was die da so schreiben.“

Die Forderungen des Volksentscheid Auto

Tobias reichte ihr die Zeitung. „Mehr Auto für die Stadt“ stand dort in fetten Lettern, „Die Forderungen des Volksentscheid Auto hier bei uns.“ Sophie blätterte um und las: „Erste Forderung: 2000 km Autostrassen für Berlin, um schnell durch die Stadt zu kommen.“ „Wer soll denn das bezahlen?“ rief Brigitte Arndt, die resolute Finanzchefin vom ADFC und ausgebildete Steuerberaterin, „Das kostet doch ein Heidengeld.“     „Zweite Forderung: Die derzeitigen Fahrradschnellstrassen werden zu ihrer ehemaligen Nutzung zurückgeführt und werden wieder zu Autobahnen.“ Alle im Raum Anwesenden verfielen in Schnappatmung und redeten gleich darauf wild durcheinander.

„Ich bitte um Ruhe“, durchdrang Sophies tiefe Stimme die aufgeregte Gruppe, „wir werden uns doch hier nicht von einen Haufen nicht ernst zunehmender Blechbüchsenfahrer irre machen lassen. Das sind doch nur Forderungen. Das heißt doch noch gar nichts. Autofahrer sind immer noch eine Randgruppenerscheinung. Wir haben die Politik auf unserer Seite.“ Sie dachte an ihre letzte Radtour mit dem amtierenden Bürgermeister, bei der sie nebenbei über ein neues Großprojekt, die Überdachung aller Stadtfahrradbahnen gesprochen hatten. Das sollte im kommenden Jahr ausgeschrieben werden und Firmen auf der ganzen Welt standen schon Schlange dafür.

Sie las weiter: Dritte Forderung: „Vier Spuren für den Autoverkehr an allen Strassen, damit auch ein Überholen eines langsameren Autos gewährleistet ist.“ „Das schlägt doch dem Fass den Boden aus.“ schrie Tobias Metzler erregt. Er zitterte und zerknüllte das Papier, auf dem er sich Notizen gemacht hatte und warf es in den nächsten Mülleimer. „Immer mit der Ruhe, Tobi“, beruhigte Friedhelm ihn, „noch ist gar nichts entschieden. Wir werden mal eine Pressemitteilung als Antwort aufsetzen.“

„Vierte Forderung: Autoparkplätze an allen Strassen“, zitierte Sophie den Artikel. „Da wird sich der Berliner Einzelhandel aber höchst begeistert zeigen, wenn die Autos die Sicht auf ihre Geschäfte zuparken,“ bemerkte Brigitte Arndt ironisch, „so veröden ja alle Einkaufsstrassen. Bald hätten wir Zustände wie in den USA, wo die Innenstädte völlig langweilig sind.“

„Fünfte Forderung: Mehr…..“   „Bitte, es reicht, ich halte das echt nicht mehr aus,“ stöhnte Tobias, „lass uns einfach eine Antwort schreiben.“

Mehr Auto in der Stadt – völlig absurd

Sophie Markwardt lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, verschränkte die Arme und blickte nachdenklich auf die Zeitung, die vor ihr lag. „Okay,“ sagte sie langsam, „wir setzen eine Pressemitteilung auf. Lass uns hier Ideen dafür sammeln.“ „Friedhelm,“ sie wandte sich an ihren langjährigen Kollegen, „kannst Du das dann bitte zusammenfassen, in Form bringen und abschicken?“ Er nickte und klappte sein Notebook auf.

„Also: Unsere Antwort auf den Volksentscheid Auto: Die Ziele des Volksentscheids Auto sind völlig unverhältnissmäßig und entsprechen in keinster Weise den Wünschen der Menschen nach einer schadstoffarmen, lebenswerten Stadt. Insbesondere die Fußgänger würden durch einen Erfolg der Initiative nicht benachteiligt, sondern sogar höchst gefährdet werden. Berlin hat weniger als 4 Verkehrstote im Jahr. Das ist einmalig in der ganzen Welt für eine Stadt dieser Größe. Die Zahl der Verkehrstoten würde mit einer einseitigen Förderung des Autoverkehrs explodieren, von den vielen Schwerverletzten und Traumatisierten ganz zu schweigen. Kinder würden von öffentlichen Strassen verbannt werden.

Dass das keine Fiktion, sondern Realität sein würde, sehen wir an ausländischen Großstädten, die den Autoverkehr einseitig bevorzugt haben und nun einen Ausweg aus der Misere suchen. Dem Auto in der Stadt so viel Platz einzuräumen wie im Volksentscheid verlangt, ist reaktionär und ein Rückfall in eine Zeit, in der man noch nicht wußte, daß der motorosierte Individualverkehr eine Sackgasse ist.

Deswegen empfehlen wir vom ADFC, auf ruhigen Nebenrouten einige Autostrassen freizugeben und außerhalb der Städte abgeschlossene Autoringe zu bauen, in denen die Autofahrer ihrem Hobby fröhnen können. Einen weiteren Ausbau von Autostrassen lehnen wir aus den oben angegebenen Gründen ab. Hat jemand noch eine Ergänzung?“ Sophie schaute in die Runde.

„Sicher. Und zwar eine, die immer zieht,“ sagte Brigitte Arndt, „nämlich die Kosten, die bei einem erhöhten Anteil von Autos am Verkehr, entstehen würden und die jeder mittragen müßte. Damit meine ich nicht nur die Kosten für Strassenbau und –erhalt, sondern auch für die Folgekosten wie Unfallopferversorgung, Frührenten, Witwenrenten, Umweltschäden, Gesundheitschäden, Kinderbetreuung und vieles mehr. Das ist wirtschaftlicher Selbstmord. Auch der Tourismus würde abnehmen. Berlin ist zum 25. Mal in Folge zur lebenswertesten Stadt der Welt gewählt worden. Den Titel würde Berlin schnell verlieren, nähme der Autoverkehr zu.“

„Okay,“ bremste Friedhelm Brigittes Redefluss, „das ist jetzt schon mal einiges. Ich mach was draus und schicke es an alle wichtigen Medien. Wer kann noch unsere Kontakte im Senat moblisieren?“ „Darum kümmere ich mich selbst.“ Sophie nahm ihren Ordner und die Zeitung, steckte sie in ihre Tasche und stand auf. „Die Vorstandssitzung bezüglich der Etatplanung werden wir auf nächste Woche verlegen. Jetzt gibt es dringenderes zu tun…..Radelt zufällig jetzt jemand von euch auch mit der Stadtfahrradbahn Richtung Süden? Ich möchte von zu Hause weiterarbeiten.“

„Ja, ich.“ Tobias Metzler sprang auf, griff seine Jacke und eilte Sophie hinterher, die bereits den Raum verließ. Die anderen Vorstandmitglieder saßen etwas unschlüssig auf ihren Stühlen. „Tja,“ räusperte sich Friedhelm, „ dann werden wir mal… und hofffen, daß das alles nur ein Windei ist.“

Er packte seine Sachen zusammen. Das war für alle anderen das Signal zum Aufbruch und binnen kurzem war der Raum leer.

Dagmar Gericke

 

Hier geht es zum wirklichen Volksentscheid:  https://volksentscheid-fahrrad.de

Radfahrer in Lankwitz tödlich verletzt

Radfahrer in Lankwitz tödlich verletzt

Aus dem BerlinOnline Stadtportal:

Tödlicher Verkehrsunfall

Polizeimeldung vom 18.08.2016
Steglitz – Zehlendorf

Nr.2121
Bei einem Verkehrsunfall wurde heute Mittag in Lankwitz ein Radfahrer tödlich verletzt. Nach bisherigen Ermittlungen soll der Mann mit seinem Rad, kurz nach 12 Uhr die Paul-Schneider-Straße in Richtung Leonorenstraße befahren haben. An der Kreuzung Paul-Schneider-Straße/Kaiser-Wilhelm-Straße, an der der Radfahrer vermutlich weiter geradeaus fahren wollte, soll dann ein 35-jähriger Lkw-Fahrer, der mit seinem Fahrzeug neben dem Mann gefahren sein soll, nach rechts in die Kaiser-Wilhelm-Straße eingebogen sein. Es kam in der Folgen zu dem Zusammenstoß. Der Radfahrer erlag noch am Unfallort seinen schweren Verletzungen. Der Lkw-Fahrer erlitt einen Schock und wurde zur ambulanten Behandlungen in ein Krankenhaus gebracht. Der Verkehrsermittlungsdienst der Direktion 4 hat die weiteren Ermittlungen übernommen.

Dagmar: Ich bin heute um viertel nach 12 genau dort mit meinem Sohn vorbeigefahren. Alles war weiträumig abgesperrt, Krankenwagen, Polizei. Eine Stunde später auf dem Rückweg war immer noch alles abgesperrt. Mir war sofort klar, daß es einen sehr schlimmen Unfall mit Fahrrad oder Fußgänger gegeben haben muß. Ein Anwohner sagte mir, daß es einen Unfall mit einem LKW gegeben hatte. Mit 17 Jahren hatte ich genau so einen Unfall selbst erlebt und im Rückblick empfinde ich es als Wunder, daß ich überlebt habe, während mein Fahrrad überrollt wurde. Das ist sehr lange her. Seitdem gab es viele tödliche Unfälle, doch kaum etwas ist zum Schutz der Radfahrer geschehen. Das macht mich unglaublich traurig und wütend. Als ich nach Hause fuhr, sah ich ein Wahlplakat der CDU: „Fließender Verkehr, nur mit uns.“ Das erschien mir richtig zynisch. Egal wieviel Tote, Hauptsache, der Verkehr fließt. Natürlich bin ich selber seit meinem Unfall als Jugendliche sehr, sehr vorsichtig geworden, Schulterblick, Augenkontakt, notfalls warten…. Noch besser jedoch wäre es, wenn der Verkehr und die baulichen Veränderungen an Straße und LKWs tödliche Unfälle auf ein Minimum reduzieren oder ganz verhindern könnten. Es gibt nun mal nicht nur erfahrene Radfahrer, die mit allem rechnen. Auch die anderen, Kinder, Jugendliche, Gelegenheitsfahrer, ältere Leute, sollten sicher fahren können. Statt dessen; wieder nur ein Geisterrad mehr.