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Kategorie: Aktuelles

Rad frei: Berlin bekommt ein Radgesetz

Rad frei: Berlin bekommt ein Radgesetz

Kennt ihr das Gefühl, wenn euch noch der Eiswind um die Nase bläst, aber die Schneeglöckchen ihre Köpfe in die Sonne strecken und sich zart im Winde wiegen. In mir ist dann die Vorfreude auf einen herrlichen Frühling und auf einen Sommer ohne Makel, nicht zu trocken und ohne Dauerregen.
Der perfekte Sommer, noch nicht getrübt von der Realität, den wünsche ich mir jedes Jahr. Doch sehr selten ist der Sommer perfekt.
So ähnlich geht es mir jetzt mit der Verkündung, dass Berlin ein Radgesetz bekommt. Einmalig in der Welt und ganz sicher ein Verdienst der Initiativer Volksentscheid Fahrrad, dass es zustande kommen soll. Wie geil ist das denn?

Es hört sich wunderbar an:

  • Alle Hauptstraßen sollen mindestens zwei Meter breite Radstreifen bekommen.
  • Radfahrer sollen grüne Wellen bekommen.
  • Berlin soll ein Netz von 100 km Radschnellwegen bekommen.
  • Kreuzungen sollen durch Umbauten sicherer gemacht werden. Dafür sollen 24 neue Stellen geschaffen werden.
  • Es sind 100 000 neue Abstellplätze für Fahrräder, sowie Parkhäuser für Fahrräder geplant.
  • Der Radverkehranteil soll auf 30% innerhalb und auf 20 innerhalb der gesamten Stadt gesteigert werden.
  • Ab 2019 sollen dafür jährlich 51 Millionen € zur Verfügung stehen.
  • Der Umbau soll innerhalb der nächsten 13 Jahre erfolgen.

Das Presseecho ist recht unterschiedlich. Während der Tagesspiegel fragt: „Warum erst jetzt?“ und zu Recht erwartet, dass auch für die Sicherheit von Fußgängern mehr getan werden muss, findet Kommentator Stefan Peter von der BZ: „Autofahrer haben nichts zu lachen.“ Anscheinend hatten sie vorher Grund zum Lachen. Außerdem sorgt sich die BZ um die Zahl der Parkplätze, die wegfallen werden.

„Berlin wird zur Fahrrad-Stadt“ titelt die Berliner Morgenpost kompakt, und lässt einige Radler zu Wort kommen, die von den Senatsplänen angetan sind, wie auch die Opposition, die erwartungsgemäß die Pläne als „einseitig und falsch“ bezeichnet.

Das Radgesetz stößt nicht nur auf Gegenliebe

Ein Radgesetz wird nicht überall auf Gegenliebe stoßen, soviel ist klar. Eiserne Autofahrer fürchten um ihre Privilegien und meinen, nun wurde der Radverkehr bevorzugt. Sie wollen nicht, dass Parkplätze für Radstreifen weichen müssen. Das erinnert mich an die Diskussion vergangener Jahrzehnte, dass Frauen den Männern die Arbeitsplätze wegnehmen würden.

Gibt es ein Recht auf einen Parkplatz?

Eine Neuverteilung des öffentlichen Raums ist für Hardcore-Autofahrer eine Bevorzugung der Radler, auch wenn in Zukunft der größte Teil der Strassen von Autos befahren werden wird.
Bis zu einer Stadt, wie ich sie in Was wollen die Autofahrer denn noch alles? beschrieben haben, wird es kaum kommen. Darum geht es auch nicht, sondern um eine Stadt, in der sich alle gefahrlos bewegen können. Und das ist nicht nur das Ziel von Radlern und Fußgängern, sondern auch von einigen Autofahrern, die auch erleichtert sind, wenn der Verkehr übersichtlicher und sicherer wird.

Noch ist das Radgesetz nicht verabschiedet, es sind lediglich die Eckpunkte des geplanten Gesetzes vorgestellt worden. Und noch ist keine einzige geplante Maßnahme durchgeführt worden. Im Jahre 2004 wurde schon einmal vollmundig eine Radverkehrstrategie festgelegt, doch es ist wenig daraus geworden. Deswegen ist es wichtig und notwendig, weiterhin zu beobachten, wie intensiv der Senat die Pläne zur Verbesserung der Sicherheit von Radfahrern verfolgt.
Noch ist es nicht soweit, dass ich allein auf vorgestellte Pläne vertraue.

Aber ich hoffe darauf. So wie auf den perfekten Sommer.

Leben ist das, was zählt, nicht Geschwindigkeit

Leben ist das, was zählt, nicht Geschwindigkeit

„Raser Wegen Mord verurteilt“

Die Schlagzeile in allen Zeitungen heute: Zwei junge Männer, die auf dem Kufürstendamm in Berlin ein illegales Autorennen gefahren und dabei einen Menschen getötet haben, wurden wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt.

Und die Deutschen sind in Aufruhr: Des Deutschen liebstes Kind, das Auto, ein Mordwerkzeug? Bisher wurden selbstmutwillig hingenommene Todesfälle durch extrem erhöhte Geschwindigkeit meistens nur mit Bewährungsstrafen geahndet, ganz zu schweigen von den alltäglichen Todesopfern bei Unfällen durch Ablenkung, Missachtung einer roten Ampel, zu geringer Abstand, riskante Überholmanöver oder erhöhte Geschwindigkeit.

Das Urteil ist zu unverhältnismäßig, meinen deswegen manche, sonst müsste man ja jeden Rotlichtfahrer, der jemand tot fährt, wegen Mordes anklagen.

Das Urteil war längst überfällig, sagen andere, das Auto ist eine potentiell tödliche Waffe.

Das Auto, eine Waffe

Das Auto, eine Waffe, der Gedanke erschreckt viele und doch ist er richtig. Nur weil die allermeisten Menschen nie vorhaben, ihr Auto als Waffe einzusetzen, ändert es nichts an der Tatsache, dass es kaum ein alltägliches Objekt gibt, was so leicht als Waffe eingesetzt werden kann wie ein Auto. Terroristen haben es längst kapiert und ziehen dies in ihre Planungen ein. Sie morden damit kaltblütig und gezielt.

Die jungen Männer, die verurteilt wurden, hatten nicht vor, jemanden zu töten, doch zur Steigerung ihres Selbstwertes nahmen sie Tote in Kauf. Jeder, der bei Verstand ist, muss mit Toten rechen, wenn er mit 160 kmh durch die Innenstadt rauscht.

Aber wo ziehen wir die Grenze? Ist jemand auch ein Mörder, der eine rote Ampel überfährt und ein Kind totfährt, weil er seinen Termin schaffen wollte?

Wenn jemand 10 Stundenlang ohne Pause am Steuer sitzt und wegen Sekundenschlaf einen tödlichen Auffahrunfall verursacht?

Ein Messer ist ein Alltagsgegenstand und kann gleichzeitig ein Mordwerkzeug sein. Wenn jemand in einer Fußgängerzone Messerwerfen übt und dabei jemanden tödlich verletzt, würde er da mit fahrlässiger Körperverletzung davon kommen?

Das Urteil, selbst wenn es in der Revision wieder aufgehoben werden wird, setzt eine längst überfällige Diskussion in Gang. Zur Zeit wird die Tötung von Menschen durch andere, die grob gefährdend fahren, einfach hingenommen. Ein anderer Blickwinkel auf die Gefährdung von Menschenleben ist dringend notwendig. Achtsames Auto fahren ist dringend notwendig, wenn wir lebenswerte Städte haben wollen, in denen auch Kinder und alte Menschen sich sicher bewegen können. Ich möchte nicht umgefahren werden, weil jemand dringend einen Termin einhalten will, Streit mit der Ehefrau oderÄrger im Job hatte, vielleicht aber auch nur sein Smartphone checken wollte. Das alles hat ein verantwortungsbewusster Mensch zu klären, bevor er ins Auto steigt. Denn wenn Menschen in dem Bewusstsein fahren, dass sie alle Konsequenzen zu tragen habe, wenn sie menschengefährdend fahre, entscheiden sie sich in bestimmten Situationen, in der sie nicht genügend Kontrolle über ihr Fahrzeug haben, eher gegen das Autofahren.

Denn das Recht auf Leben wiegt für mich ungleich höher als das Recht mancher Autofahrer auf individuelle Freiheit

Alternativrouten zur Horrorstrecke B96

Alternativrouten zur Horrorstrecke B96

Vom Süden in die Stadt mit dem Rad

Wenn Du im Süden von Berlin wohnst und regelmäßig ins Stadtzentrum fährst, hast Du an den Haupstraßen keine oder kaum Radspuren und -wege, die das Radfahren sicher und angenehm machen. Die B96 ist hier eine Horrorstrecke für Radfahrer.

Ich wohne selbst im Süden und unser Arbeitsweg führt uns nach Kreuzberg. Im Laufe der Jahre habe ich ein paar Alternativrouten herausgefunden, die ich hier vorstellen möchte. Manchmal ist die Strecke etwas länger, aber nicht immer, wie bei der folgenden Strecke. Oft geht es durch weniger Ampeln und ruhigere Strassen sogar flotter voran.

Heute starte ich mit meiner Lieblingsstrecke: Alternativroute zum Mariendorfer / Tempelhofer Damm

Diese Strecke bietet sich an, wenn Du zum Graefekiez in Kreuzberg oder weiter bis nach Friedrichshain willst. Sie verläuft nicht parallel zum Tempelhofer Damm und ist leider keine Alternative, wenn Du in’s westliche Kreuzberg musst. Nach wie vor muss der Mariendorfer / Tempelhofer Damm dringend baulich verändert werden, damit eine sichere Spur für Radfahrer geschaffen wird.

Von Mariendorf zum Graefekiez / Südstern / Hermannplatz

  • Los geht es am U-Bahnhof Mariendorf.
  • Ich fahre die Reißeckstraße Richtung Osten. Der Fahrradweg geht nach ca 200 m in einen Fußweg über, der für Fahrräder freigegeben ist. Nach der ersten Fußgängerampel geht der Fahrradweg weiter. Ich fahre dort allerdings meistens auf der Strasse, weil ich  dann besser vorankomme und mich zum Abbiegen leichter einordnen kann.
  • Ich biege links in die Rixdorfer Straße ein. Dort finde ich eine frisch angelegte Radspur vor. Hier macht mir das Fahren richtig Spaß, Es ist eine der besten Radspuren, die ich in Berlin bisher gesehen habe. Sogar im Kreuzungsbereich wurde an die Fahrräder gedacht.
  • Die Rixdorfer Straße geht in die Gottlieb-Dunkel-Straße und  auch die schöne Radspur geht in einen Radweg über.
  • Ich fahre die Gottlieb-Dunkel-Straße bis zur Eschersheimer Straße. Hier biege ich links Richtung Norden ab.

Weiter Richtung Kreuzberg / Neukölln

  • Die Eschersheimerstraße hat einen Radweg mit grottenschlechtem Belag, so daß ich die Straße vorziehe. Die Straße ist relativ gering befahren.
  • Jetzt überquere ich die Silbersteinstraße. Rechts führt die Silbersteinstraße zur Herrmannstraße in Neukölln.
  • Ich fahre aber weiter. Die Eschersheimerstraße geht in die Oderstraße über und ich gelange zum Eingang des Tempelhofer Feldes. Nun fahre ich auf das Tempelhofer Feld parallel zur Oderstraße.
  • Am Ausgang Oderstraße / Herrfurthstraße verlasse ich das Feld wieder und fahre geradeaus weiter auf der Straße 645 zum Columbiadamm. Dieser Weg ist für Autos gesperrt.
  • Ich überquere den Columbiadamm und fahre durch die Hasenheide. Am Ausgang neben der Minigolfanlage kann ich nun entweder die Straße Hasenheide überqueren und in die Fichtestraße bzw. Graefestraße fahren und bin sogleich im Graefekiez. Oder ich fahre noch im Park Hasenheide weiter nach links parallel zur Hauptstraße im Park und komme nach ca. 500 m am Südstern heraus.

Für die Strecke brauche ich bei normalem Tempo ( 15 -20 Km/h ) ca. 20 – 25 Minuten. Schneller bin ich mit dem Auto auch nicht. Noch dazu vermeide ich Staus und spare mir die Parkplatzsuche. Die Strecke führt durch schöne Parkanlagen. Das nutze ich auf dem Rückweg oft für einen Halt oder drehe gleich, weil’s so schön ist, noch eine Extrarunde auf dem Tempelhofer Feld.

Mi den öffentlichen Verkehrsmitteln benötige ich mind. 40 Minuten inkl. Fußwege.

Wegbeschreibung bei Google Maps:

https://www.google.de/maps/dir/Alt-Mariendorf,+12107+Berlin/B%C3%B6ckhstra%C3%9Fe,+10967+Berlin/@52.4668858,13.368044,13z/data=!3m1!4b1!4m14!4m13!1m5!1m1!1s0x47a84546e4205229:0xa35e03671371be0f!2m2!1d13.3876928!2d52.4390071!1m5!1m1!1s0x47a84fcbc02a574f:0xd12a0ab45e79202d!2m2!1d13.418473!2d52.4938497!3e2

Die Initiative Radfahren auf der B96 setzt sich für eine fahrradfreundliche Verkehrsführung auf der B96 im südlichem Berlin ein.

Bilder zur Strecke:

 

1. Alt-Mariendorf
1. Alt-Mariendorf
2. Reißeckstraße
2. Reißeckstraße
Abbiegen in die Rixdorfer Strasse
3. Abbiegen in die Rixdorfer Strasse-

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4. Fahrradspur Rixdorfer Strasse
4. Fahrradspur Rixdorfer Strasse
5. Gottlieb-Dunkel-Strasse
5. Gottlieb-Dunkel-Strasse
6. Abbiegen in die Eschersheimer Strasse
6. Abbiegen in die Eschersheimer Strasse

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

7. Weiter über die Silbersteinstrasse in die Oderstrasse
7. Weiter über die Silbersteinstrasse in die Oderstrasse.
8. Fahrradweg am Eisstadion in der Oderstrasse
8. Fahrradweg am Eisstadion in der Oderstrasse.
9. Eingang vom Tempelhofer Feld
9. Eingang vom Tempelhofer Feld.
10. Auf dem Tempelhofer Feld parallel zur Oderstrasse
10. Auf dem Tempelhofer Feld parallel zur Oderstrasse.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

11. Tempelhofer Feld verlassen und den Fuß/Radweg benutzen
11. Tempelhofer Feld verlassen und den Fuß/Radweg benutzen.
12. Den Columbiadamm hier oder 200 m links an der Ampel überqueren.
12. Den Columbiadamm hier oder 200 m links an der Ampel überqueren.
13. In Höhe der Fußgängerampel durch die Hasenheide fahren
13. In Höhe der Fußgängerampel durch die Hasenheide fahren.

 

 

 

 

 

 

 

 

14. Am Ende der Hasenheide: Gabelung in Fichtestrasse oder Graefestrasse.
14. Am Ende der Hasenheide: Gabelung in Fichtestrasse oder Graefestrasse.
15. Ich biege in die ruhigere Fichtestrasse ein
15. Ich biege in die ruhigere Fichtestrasse ein.
15. Als letztes überquere ich die Urbanstrasse und bin auf der Grimmstrasse beim Graefekiez angekommen
15. Als letztes überquere ich die Urbanstrasse und bin auf der Grimmstrasse beim Graefekiez angekommen.

 

 

 

Was wollen die Autofahrer noch alles?

Was wollen die Autofahrer noch alles?

Berlin wählt und ein großes Wahlkampfthema ist die aktuelle Fahrradpolitik. Die Initiative vom Volksentscheid Fahrrad hat neuen Wind in verstaubte Verkehrsplanbüros gebracht. Doch der Unmut der etablierten Parteien ist groß. Fahrradpolitik, das war bisher doch nur“Gedöns“. Muß man sich jetzt darum auch noch kümmern?

Was wäre, wenn…. ja, was wäre wenn die Geschichte des Individualverkehrs eine andere Entwicklung genommen hätte? Wenn nicht das Auto, sondern das Fahrrad das dominierende Verkehrsmittel in Deutschland geworden wäre?  Welche Argumente hätten die Autofahrer dann? Ein Gedankenspiel:

Ein Volksentscheid für Berlin

Berlin-Alexanderplatz, im Sommer 2016.

„Das ist ja eine Unverschämtheit!“ Tobias Metzler vom ADFC knallte eine druckfrische Zeitung auf den Konferenztisch des ADFC. Alle Augen der Vorstandmitglieder richteten sich auf ihn. Gerade stand die Etatplanung für das nächste Jahr auf dem Plan, was war so wichtig?

„Die Autofahrer wollen einen Volksentscheid, sie wollen mehr Platz für das Auto in der Stadt,“ schnaubte Metzler wütend. „So ein Quatsch, damit kommen die doch nie durch.“ entgegnete Sophie Markwardt lässig, erste Vorsitzende und Top-Lobbyistin in Sachen Fahrrad, „Darüber reden sie doch schon seit Jahren, aber wer will das schon? Nur ein paar verrückte Motorfreaks und Altnazis.“

Sie schaute gedankenvoll aus dem Fenster des 12-stöckigen Büroturms am Alexanderplatz, in das der ADFC vor 3 Jahren gezogen ist, weil das bisherige Gebäude zu klein geworden war. Unter ihr rollten Kolonnen von Radlern über die Strassen, ab und an sah man ein Auto eingekeilt langsam hinter den Fahrradfahrern her tuckeln. Berlin war Die Fahrradmetropole Der Welt, das würde sie sich von ein paar widersinnigen Autofahrern nicht kaputt machen lassen. Schon einmal wurde versucht, dem Fahrrad die Bedeutung zu nehmen, die ihm zustand. Während der Zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts war das Fahrrad ein Massenverkehrsmittel und die Autos führten noch ein Schattendasein. Doch dann wurde vom Naziregime 1934 die Radwegebenutzugspflicht eingeführt, um die Strassen für Autos frei zu machen. Radfahrer verbannte man von den Strassen und Autobahnen wurden gebaut, über die bald schon Panzer rollten. Wohin das führte, hatte man gesehen: Europa lag in Trümmern, unzählige Tote waren zu beklagen. Soweit durfte es nie wieder kommen.

Neue Wege für Deutschland – Fahrradwege

Zum Glück wurde nach dem Ende des 2. Weltkriegs beschlossen, alle Autostrassen und Autobahnen in Fahrradwege umzuwidmen. Die Menschen hatten nach dem Krieg sowieso keine Autos mehr und waren froh, die Wege für ihre Fahrräder zur Verfügung zu haben. Im Zuge der Entmilitarisierung wurden die Motorwerke und Rüstungsfabriken in Fahrradfabiken umgewandelt. Fahrräder von Mercedes und BMW genossen einen ausgezeichneten Ruf und wurden in die ganze Welt exportiert. Für den innerstädtischen Warentransport aktivierte und erweiterte die Stadt das alte Rohrpostnetz wieder. Ebenso wurde der öffentliche Nahverkehr ausgebaut und ebenfalls für den Transport von Waren und Schwerlasten genutzt. Die Alliierten förderten den Fahrradboom in Deutschland als einen friedlichen Weg nach der schrecklichen Vergangenheit des Landes. Während in den anderen Ländern der Welt Autos die Fahrräder allmählich verdrängten, baute Deutschland und insbesondere Berlin auf eine Verkehrspolitik, die sich am Menschen und nicht an den Maschinen orientierte.

Lange wurde dies von anderen Nationen belächelt. Doch im Zuge der zunehmenden Reisefreiheit sahen Menschen aus den USA, Großbritannien, Thailand und vielen anderen Ländern die Kinder in Deutschland gefahrlos auf den Strassen spielen, während sie in anderen Metropolen der Welt ängstlich von ihren Eltern festgehalten wurden. Das gesamte Strassennetz war extrem ökonomisch, da die Fahrräder die Strassen kaum abnutzten. Noch dazu hatte Deutschland den weltweit geringsten Anteil an übergewichtigen Menschen. Das alles waren Werte die sich sehen lassen konnten. Deutschland war das Vorzeigeland für eine nachhaltige Wirtschaftspolitik.

Berlin –  Ecocity of the world

Inzwischen reisten Umweltbeauftragte aus der ganzen Welt nach Deutschland, insbesondere nach Berlin, um Inspiration für ihre zugebauten atemlosen Städte zu bekommen. In Zeiten des Klimawandels wurde der „sanfte“ Weg wie in Deutschland auch für andere Länder wieder interessant. In Berlin fand alle zwei Jahre der Weltfahrradgipfel statt, in dem Strategien besprochen wurden, um die ökologischste Fortbewegungsart auch in anderen Ländern weiter zu verbreiten. Und nun das: Die Autofahrer begehrten auf. Welch ein Desaster!

„Ja, aber stellt euch nur vor, was sie in der Öffentlichkeit damit anrichten könnten,“ sagte Friedhelm Wenzel, ein ruhiger älterer Mann, „ es gibt mittlerweile Autotouristen, die ihren Urlaub nur im Auto verbringen. Sie schlafen sogar darin und reisen herum, sehen, was in anderen Städten für den Autoverkehr möglich ist. Das bringt sie auf die Idee, solche Strassen auch für Berlin zu fordern.“

„Hm,“ überlegte Sophie Markwardt, „okay, zeig mal her, was die da so schreiben.“

Die Forderungen des Volksentscheid Auto

Tobias reichte ihr die Zeitung. „Mehr Auto für die Stadt“ stand dort in fetten Lettern, „Die Forderungen des Volksentscheid Auto hier bei uns.“ Sophie blätterte um und las: „Erste Forderung: 2000 km Autostrassen für Berlin, um schnell durch die Stadt zu kommen.“ „Wer soll denn das bezahlen?“ rief Brigitte Arndt, die resolute Finanzchefin vom ADFC und ausgebildete Steuerberaterin, „Das kostet doch ein Heidengeld.“     „Zweite Forderung: Die derzeitigen Fahrradschnellstrassen werden zu ihrer ehemaligen Nutzung zurückgeführt und werden wieder zu Autobahnen.“ Alle im Raum Anwesenden verfielen in Schnappatmung und redeten gleich darauf wild durcheinander.

„Ich bitte um Ruhe“, durchdrang Sophies tiefe Stimme die aufgeregte Gruppe, „wir werden uns doch hier nicht von einen Haufen nicht ernst zunehmender Blechbüchsenfahrer irre machen lassen. Das sind doch nur Forderungen. Das heißt doch noch gar nichts. Autofahrer sind immer noch eine Randgruppenerscheinung. Wir haben die Politik auf unserer Seite.“ Sie dachte an ihre letzte Radtour mit dem amtierenden Bürgermeister, bei der sie nebenbei über ein neues Großprojekt, die Überdachung aller Stadtfahrradbahnen gesprochen hatten. Das sollte im kommenden Jahr ausgeschrieben werden und Firmen auf der ganzen Welt standen schon Schlange dafür.

Sie las weiter: Dritte Forderung: „Vier Spuren für den Autoverkehr an allen Strassen, damit auch ein Überholen eines langsameren Autos gewährleistet ist.“ „Das schlägt doch dem Fass den Boden aus.“ schrie Tobias Metzler erregt. Er zitterte und zerknüllte das Papier, auf dem er sich Notizen gemacht hatte und warf es in den nächsten Mülleimer. „Immer mit der Ruhe, Tobi“, beruhigte Friedhelm ihn, „noch ist gar nichts entschieden. Wir werden mal eine Pressemitteilung als Antwort aufsetzen.“

„Vierte Forderung: Autoparkplätze an allen Strassen“, zitierte Sophie den Artikel. „Da wird sich der Berliner Einzelhandel aber höchst begeistert zeigen, wenn die Autos die Sicht auf ihre Geschäfte zuparken,“ bemerkte Brigitte Arndt ironisch, „so veröden ja alle Einkaufsstrassen. Bald hätten wir Zustände wie in den USA, wo die Innenstädte völlig langweilig sind.“

„Fünfte Forderung: Mehr…..“   „Bitte, es reicht, ich halte das echt nicht mehr aus,“ stöhnte Tobias, „lass uns einfach eine Antwort schreiben.“

Mehr Auto in der Stadt – völlig absurd

Sophie Markwardt lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, verschränkte die Arme und blickte nachdenklich auf die Zeitung, die vor ihr lag. „Okay,“ sagte sie langsam, „wir setzen eine Pressemitteilung auf. Lass uns hier Ideen dafür sammeln.“ „Friedhelm,“ sie wandte sich an ihren langjährigen Kollegen, „kannst Du das dann bitte zusammenfassen, in Form bringen und abschicken?“ Er nickte und klappte sein Notebook auf.

„Also: Unsere Antwort auf den Volksentscheid Auto: Die Ziele des Volksentscheids Auto sind völlig unverhältnissmäßig und entsprechen in keinster Weise den Wünschen der Menschen nach einer schadstoffarmen, lebenswerten Stadt. Insbesondere die Fußgänger würden durch einen Erfolg der Initiative nicht benachteiligt, sondern sogar höchst gefährdet werden. Berlin hat weniger als 4 Verkehrstote im Jahr. Das ist einmalig in der ganzen Welt für eine Stadt dieser Größe. Die Zahl der Verkehrstoten würde mit einer einseitigen Förderung des Autoverkehrs explodieren, von den vielen Schwerverletzten und Traumatisierten ganz zu schweigen. Kinder würden von öffentlichen Strassen verbannt werden.

Dass das keine Fiktion, sondern Realität sein würde, sehen wir an ausländischen Großstädten, die den Autoverkehr einseitig bevorzugt haben und nun einen Ausweg aus der Misere suchen. Dem Auto in der Stadt so viel Platz einzuräumen wie im Volksentscheid verlangt, ist reaktionär und ein Rückfall in eine Zeit, in der man noch nicht wußte, daß der motorosierte Individualverkehr eine Sackgasse ist.

Deswegen empfehlen wir vom ADFC, auf ruhigen Nebenrouten einige Autostrassen freizugeben und außerhalb der Städte abgeschlossene Autoringe zu bauen, in denen die Autofahrer ihrem Hobby fröhnen können. Einen weiteren Ausbau von Autostrassen lehnen wir aus den oben angegebenen Gründen ab. Hat jemand noch eine Ergänzung?“ Sophie schaute in die Runde.

„Sicher. Und zwar eine, die immer zieht,“ sagte Brigitte Arndt, „nämlich die Kosten, die bei einem erhöhten Anteil von Autos am Verkehr, entstehen würden und die jeder mittragen müßte. Damit meine ich nicht nur die Kosten für Strassenbau und –erhalt, sondern auch für die Folgekosten wie Unfallopferversorgung, Frührenten, Witwenrenten, Umweltschäden, Gesundheitschäden, Kinderbetreuung und vieles mehr. Das ist wirtschaftlicher Selbstmord. Auch der Tourismus würde abnehmen. Berlin ist zum 25. Mal in Folge zur lebenswertesten Stadt der Welt gewählt worden. Den Titel würde Berlin schnell verlieren, nähme der Autoverkehr zu.“

„Okay,“ bremste Friedhelm Brigittes Redefluss, „das ist jetzt schon mal einiges. Ich mach was draus und schicke es an alle wichtigen Medien. Wer kann noch unsere Kontakte im Senat moblisieren?“ „Darum kümmere ich mich selbst.“ Sophie nahm ihren Ordner und die Zeitung, steckte sie in ihre Tasche und stand auf. „Die Vorstandssitzung bezüglich der Etatplanung werden wir auf nächste Woche verlegen. Jetzt gibt es dringenderes zu tun…..Radelt zufällig jetzt jemand von euch auch mit der Stadtfahrradbahn Richtung Süden? Ich möchte von zu Hause weiterarbeiten.“

„Ja, ich.“ Tobias Metzler sprang auf, griff seine Jacke und eilte Sophie hinterher, die bereits den Raum verließ. Die anderen Vorstandmitglieder saßen etwas unschlüssig auf ihren Stühlen. „Tja,“ räusperte sich Friedhelm, „ dann werden wir mal… und hofffen, daß das alles nur ein Windei ist.“

Er packte seine Sachen zusammen. Das war für alle anderen das Signal zum Aufbruch und binnen kurzem war der Raum leer.

Dagmar Gericke

 

Hier geht es zum wirklichen Volksentscheid:  https://volksentscheid-fahrrad.de

Neues Fahrradparkhaus in Erfurt

Neues Fahrradparkhaus in Erfurt

Am letzten Maiwochenende fuhr ich mit meiner Mutter nach Erfurt. Ich hatte ihr zum Geburtstag eine Wochenendreise geschenkt und wir freuten uns darauf, Erfurt kennenzulernen mit der malerischen Altstadt und dem herrlichen Dom. Die erste, und für mich völlig überraschende Attraktion erwartete uns bereits am Hauptbahnhof. Kaum hatten wir das Bahnhofsgelände verlassen,

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Horrorstrecke B 96

Horrorstrecke B 96

Wir wohnen im sonnigen Süden von Berlin. Wir leben gerne hier, unser Arbeitsweg führt jedoch entlang der B 96 Richtung Norden. Unablässiger Verkehr, enge Strrassen, aggressive Autofahrer, weder Fahrradweg noch Spur macht die Fahrt gen Norden zur Horrorstrecke. Meine Tochter ist auf dem Rad bereits einmal von einer Autofahrerin angefahren worden, die mit zu geringen Seitenabstand überholt hat. Da muß unbedingt etwas passieren, damit diese auch für den Radverkehr extrem wichtige Süd-Nordachse risikolos befahrbar wird.

Jetzt gibt es eine Initiative, die sich dafür einsetzt:

http://berlin-b96.de/

 

Volksentscheid Fahrrad – einfach supergeil

Volksentscheid Fahrrad – einfach supergeil

Unterschriften sammeln für den Volksentscheid Fahrrad

„Wir müssten“, sagte ich zu Marko, meinem Mann, nachdem ich mich an dem Tag wiederholt über marode Fahrradwege und fehlende Fahrradinfrastruktur geärgert hatte, “ ein Volksbegehren zum Thema Fahrradfahren in Berlin starten. 500 Millionen Euro für den Ausbau von Berlins Fahrradstrassen oder so.“ „Eine Milliarde! 500 Millionen sind nicht genug bei den miesen Fahrradbedingungen in Berlin.“ antwortete Marko. Wir träumten, was man damit alles für den Fahrradverkehr machen könnte – Fahrradschnellwege von allen Himmelsrichtungen bis zum Zentrum, sichere Fahrradstellplätze, Fahrradspuren an allen Hauptstrassen…

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